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Ecopreneur.eu und die Kreislaufwirtschaft: Was passiert in Brüssel?

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Interview von UnternehmensGrün e.V. mit Arthur ten Wolde, Experte für Kreislaufwirtschaft bei Ecopreneur Version 11-1-2019 Erzählen Sie uns bitte kurz etwas zu Ecopreneur.eu? UnternehmensGrün ist Gründungsmitglied von Ecopreneur.eu, der „European Sustainable Business Federation“. Ecopreneur.eu ist die politische Stimme für nachhaltige Unternehmen in ganz Europa und verstärkt die nationalen Anstrengungen und Aktivitäten unserer Mitgliedsorganisationen. Ecopreneur.eu vereint sieben grüne Wirtschaftsorganisationen in ganz Europa, die über 3000 Unternehmen (hauptsächlich KMUs) vertreten. Dies macht es zum größten Unternehmensnetzwerk, das sich für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in Europa einsetzt. Es handelt sich dabei um eine gemeinnützige Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Brüssel. Unsere Mitgliedsverbände aus Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Ungarn, den Niederlanden und Spanien umfassen nochmals grüne Geschäftsnetzwerke. Dies sind Nichtregierungsorganisationen, Non-Profit-Vereinigungen, Netzwerke und dergleichen, die sich alle der nachhaltigen Entwicklung verschrieben haben und grüne KMUs und Pionierunternehmen vertreten. Das Ziel von Ecopreneur.eu ist es, die Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft durch gemeinsame Interessenvertretung und Projekte zu unterstützen und aktiv mitzugestalten. Für unsere Arbeit sind die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft und die Ziele der nachhaltigen Entwicklung die wichtigsten Leitlinien. Ein Systemwechsel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft ist nur über die europäischen Institutionen möglich, da diese 30 bis 50 Prozent aller relevanten Richtlinien und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Europa verabschieden. Welche Aspekte ihrer bisherigen Arbeit können Sie hervorheben? Ein Schwerpunkt der Arbeit von Ecopreneur.eu ist die Kreislaufwirtschaft. Seit 2014 trete ich für eine ambitionierte EU-Politik zur Kreislaufwirtschaft ein. Zunächst war ich für das grüne niederländische Geschäftsnetzwerk "De Groene Zaak" tätig, das sich 2018 mit dem derzeitigen Ecopreneur.eu-Mitglied MVO Nederland zusammengeschlossen hat. Ecopreneur.eu gewinnt in Brüssel durch die Mitgliedschaft in den Koordinierungsgruppen "European Circular Economy Stakeholder Platform" und "Ecodesign and Energy labelling Consultation Forum" weiter an Sichtbarkeit. Viele unserer politischen Empfehlungen wurden bereits umgesetzt. So wurden beispielsweise Beschaffung, finanzielle Anreize und Regulierung als Eckpfeiler einer zirkulären Wirtschaftspolitik anerkannt. Um das Verursacherprinzip weiter auszuarbeiten, wird die Europäische Kommission, im Rahmen der überarbeiteten Abfallrahmenrichtlinie, Leitlinien für eine erweiterte Produzentenverantwortung verabschieden. So soll beispielsweise der Bau von Müllverbrennungsanlagen nicht mehr von der EU gefördert werden. Können Sie Ecopreneur‘s Position zur Mehrwertsteuer erläutern? Was sind ihre Empfehlungen zu diesem Thema? Die Europäische Kommission und das Parlament haben eine Überarbeitung der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie vorgeschlagen, von der wir hoffen, dass sie eine Differenzierung der Mehrwertsteuer auf der Grundlage der Zirkularität ermöglicht. Nachhaltige Unternehmen in ganz Europa fordern niedrigere Mehrwertsteuersätze auf ihre zirkulären Waren und Dienstleistungen, um die aktuell noch geringe Nachfrage zu überwinden. Angesichts der Möglichkeit zwischen zwei ansonsten gleichwertigen Waren oder Dienstleistungen wählen zu können, könnte selbst ein moderater Mehrwertsteuerunterschied die Verbraucher anstoßen, die zirkuläre und nicht die lineare Option zu kaufen. Hinsichtlich dieses enormen Potenzials zur Beschleunigung der Kreislaufwirtschaft, wird sich Ecopreneur gegenüber des Europäischen Rates für die Annahme des aktuellen EU-Vorschlagseinsetzen. In der Zwischenzeit überprüfen wir weitere Möglichkeiten, um zirkuläre Produkte mit Hilfe der Mehrwertsteuer von linearen  tatsächlich abzuheben. Wie steht Ecopreneur zur neuen EU-Kunststoffstrategie? Die Kunststoffstrategie enthält viele gute Elemente. Die kürzlich verabschiedete Einwegplastik-Richtlinie steht im Einklang mit dem Bestreben von Ecopreneur.eu, die schlimmsten Plastikprodukte wie beispielsweise schwer abbaubare Kunststoffe vom Markt zu bekommen. Was sind Zukunftspläne/aktuelle Aktivitäten von Ecopreneur.eu? Nun kommt es zur Umsetzung. Es bedarf mehr Bewusstsein dafür, dass die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft gut für unsere Wirtschaft ist. Ohne verstärkte Unterstützung aus allen Mitgliedstaaten wird der EU-Ministerrat weiterhin Vorschläge der EU-Kommission und des EU-Parlaments blockieren. So wird beispielsweise der bestehende Widerstand gegen verbindliche Regelungen zur erweiterten Produzentenverantwortung (Extended Producer Responsibility, EPR) erst aufhören, wenn mehr Menschen erkennen, dass diese Regelungen neben der Abfallvermeidung auch Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum schaffen können. Daher bedarf es noch größerer Unterstützung, um ehrgeizigere Rechtsvorschriften wie z.B. Öffnung der Mehrwertsteuer, ein Verbot aller absichtlich zugesetzten Mikrokunststoffe oder der Richtlinien zur zirkulären Beschaffung und des Ökodesigns zu verabschieden. Die Förderung von „Green Deals“ für eine zirkuläre Beschaffung in allen EU-Mitgliedsstaaten würde die Kreislaufwirtschaft insgesamt voranbringen. Das belegen Beispiele aus den Niederlanden und Flandern. Produkte, die derzeit viel Abfall erzeugen, können durch eine zusätzliche Steuer oder einer EPR-Gebühr verteuert werden. Auf der anderen Seite können zirkuläre Produkte (wie Cradle-to-Cradle) und Dienstleistungen (Sharing, Wartung, Reparatur, Weiterverkauf und Recycling) durch niedrigere bis hin zu Null-Prozent- Mehrwertsteuersätzen preiswerter und somit für den Kunden attraktiver gemacht werden. Ebenso kann EPR zirkuläres Design stimulieren. Durch die verbindliche Einführung von Mindestanforderungen von zirkulärem Design können nach und nach die schädlichsten Produkte branchenübergreifend vom Markt genommen werden. Die zusätzliche Besteuerung der Ressourcennutzung könnte durch eine niedrigere Besteuerung der Arbeit kompensiert werden, was zu einer Steuerverlagerung führt. Erst kürzlich hat Ecopreneur.eu den Circularity-Check gestartet. Derzeit arbeiten wir an einem Projekt zur Stärkung der Arbeitnehmer-Interessenvertretung in der Modebranche, sowie einer Stellungnahme zur EU-Produktpolitik. Die Arbeit zur Kreislaufwirtschaft von Ecopreneur.eu wird von den Pionierunternehmen Werner & Mertz, Remondis (Deutschland), Tarkett (Frankreich), Rockwool (Dänemark) und Interface (Niederlande) unterstützt. Weitere Unternehmen sind eingeladen, sich dieser Interessensgruppe anzuschließen. Wir freuen uns, wenn sich auch weitere Mitglieder von UnternehmensGrün e.V. dazu entschließen mitzumachen! Mit der Europa-Wahl 2019 wird es auch zu einem Wechsel der Europäischen Kommission kommen, welche im November vom Europäischen Parlament ernannt wird. Wie viele andere Interessensgruppen, wenn nicht sogar alle, setzt sich Ecopreneur.eu dafür ein, dass die Kreislaufwirtschaft für die nächste Europäische Kommission Priorität bleibt. Damit sollten in den kommenden Jahren wichtige Veränderungen im Geschäftsumfeld zugunsten zirkulärer und nachhaltiger Geschäftsmodelle möglich sein!