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Interview: Die Regulierung nachhaltiger Kapitalanlagen

SDGs Europa Green New Deal Interview Klimaschutz

Das BNW-Mitglied SDG INVESTMENTS hat eine Broschüre erstellt, die ein paar der wichtigsten Initiativen rund um das Thema „Regulierung nachhaltiger Kapitalanlagen" beleuchtet. Der Finanzbranche wird eine zentrale Rolle bei der Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens zugesprochen, da sie künftig Kapitalflüsse in ökologisch nachhaltige Aktivitäten lenken soll. Die erfolgreiche Finanzierung sinnvoller nachhaltiger Aktivitäten führt bei konsequenter Umsetzung zur Stabilisierung einer nachhaltig orientierten Weltwirtschaft und zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele. Wir sprechen mit Dr. Stefan Bund und Moritz Neuber von SDG INVESTMENTS GmbH über die Regulierung nachhaltiger Kapitalanlagen.  

Herzlichen Glückwunsch zur Veröffentlichung der Broschüre! Was hat Sie dazu angetrieben eine Broschüre zur Regulierung nachhaltiger Kapitalanlagen zu verfassen und wen wollen Sie dadurch erreichen?

SDG INVESTMENTS ist eine Matching-Plattform für nachhaltige Anlagemöglichkeiten. Wir sehen unsere Rolle darin, Investor:innen die Möglichkeit zu bieten in Projekte zu investieren, welche die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen unterstützen. Die Broschüre richtet sich zum einen an Investor:innen, die sich mit einer Vielzahl ambitionierter regulatorischer Ansprüche konfrontiert sehen. Wir möchten mehr Gewissheit schaffen, wie einzelne Verordnungen oder Initiativen funktionieren, was das für die:den Investor:in bedeutet und welche freiwilligen Anforderungen es gibt. Aber auch für Unternehmen, die ein nachhaltiges Projekt finanzieren möchten, ist eine Verständnis der Regulatorik notwendig. Sie sind es, die die notwendigen Informationen an die Investor:innen liefern, damit diese wiederum ihren Klassifizierungs- und Offenlegungsverpflichtungen nachkommen können.  

Worauf müssen Anleger:innen achten, wenn sie in nachhaltige Kapitalanlagen investieren wollen?

Ziel der Regulierung ist, Transparenz bei nachhaltigen Investments zu schaffen und somit auch Greenwashing zu vermeiden. Deshalb sollte man bei Investments in Fonds auf die Klassifizierung nach Artikel 8 oder Artikel 9 achten, und bei Direktanlagen in Unternehmen in deren Klassifizierung in nachhaltige Kategorien entsprechend der EU-Taxonomie. Nicht alle Wirtschaftsbereiche sind aber schon von der EU-Taxonomie erfasst. Hier bietet dann eine Zertifizierung einer Anleihe als Green, Social oder Sustainable Bond durch eine anerkannte Nachhaltigkeitsagentur entsprechende Hilfestellung. Die EU arbeitet übrigens auch an einem Green Bond Standard, der dann eben diese Zertifizierung ebenfalls standardisieren wird.  

Welche Rolle spielt die Finanzbranche bei der Umsetzung der Agenda 2030?

Die Finanzbranche ist als Finanzintermediär und Kapitalallokator der Hebel der Regulierung, um Finanzströme in die gewünschte nachhaltige Richtung zu lenken. Daher kann die Agenda 2030 ohne die Finanzbranche nicht umgesetzt werden! Aktuell besteht eine Finanzierungslücke von $2,5 Billionen pro Jahr, um die SDGs zu erreichen. Daher ist es absolut notwendig, dass mehr Kapital in die Projekte und Unternehmen fließt, die einen positiven Effekt auf eines der 17 Ziele haben. Auf Seite der Investor:innen ist die Nachfrage für derartige Finanzierungen nach unserer Beobachtung sehr groß. Eine Hürde, die dem oftmals im Weg steht, ist die Unklarheit, welche Geschäftsmodelle in welcher Art und Weise auf die SDGs einzahlen. Da dies oft kein primärer Orientierungspunkt für Investor:innen oder Unternehmen ist, besteht hier eine Diskrepanz.  

Was muss aus Ihrer Sicht passieren, damit sich finanzielle und gesellschaftliche Interessen bei Kapitalanlagen decken?

Zum einen muss ein Bewusstsein für nachhaltiges Investieren geschaffen werden und Nachhaltigkeitskriterien sollten ein zentraler Baustein des Investmentprozesses sein. Geschäftsmodelle welche die Nachhaltigkeitsziele unterstützen müssen auch wirtschaftlich nachhaltig sein. Dazu bedarf es aber auch, dass negative Effekte oder externe Kosten, z. B. bei Transportmitteln oder der Ernährung, eingepreist werden, und sich nachhaltige Geschäftsmodelle einem fairen Wettbewerb gegenübersehen. Ein nachhaltiges Geschäftsmodell hat langfristig einen höheren wirtschaftlichen Erfolg und ist somit auch finanziell attraktiv. Zum anderen muss die Transparenz erhöht werden, um Fehlallokationen zu vermeiden und das Geld trotz gutem Willen, nachhaltig zu investieren, letztendlich in falsche Zwecke fließt. Beide Stellschrauben werden nun mit regulatorischen Vorgaben angegangen und die alte Sichtweise, dass Nachhaltigkeit und Rendite Gegenpole sind, ist längst nicht mehr aktuell. Es lässt sich also eine Konvergenz der beiden Interessensfelder beobachten, die künftig durch verbessertes Bewusstsein und Transparenz weiter vorangetrieben wird.  

In Ihrer Broschüre setzt sich ein Kapitel mit der EU-Taxonomie auseinander. Was macht diese in Ihren Augen so wichtig für die Regulierung nachhaltiger Kapitalanlagen?

In der Vergangenheit gab es das Problem, dass viele Unternehmen und Investoren ihre eigene Definition von Nachhaltigkeit hatten. Das Resultat war ein breites Spektrum an, beispielsweise, „grünen“ Aktivitäten bis hin zum Greenwashing. Mit der Taxonomie wird dies nun beendet, da sie ganz klare Kriterien vorgibt. Auch wenn es aktuell noch einige Unsicherheiten rund um die Taxonomie gibt, ist zu erwarten, dass sie künftig als der Maßstab für nachhaltige Tätigkeiten gesehen wird. Die einhergehenden Berichtspflichten verbessern zusätzlich auch die Transparenz und das Bewusstsein entlang der gesamten Investitionskette. Vom Endanleger bis zum Unternehmen kann so festgestellt werden, wie viel Kapital in Taxonomie-konforme Tätigkeiten fließt. Ganzheitlich betrachtet werden so also auch mehr Kapitalflüsse in entsprechend nachhaltige Bereiche fließen. 

Dr. Stefan Bund Partner der SDG INVESTMENTS GmbH. Über 20 Jahre Leitungserfahrung bei Geschäftsbanken, Ratingagenturen und Dienstleistungsgesellschaften. Origination, Strukturierung, Vermarktung, Investments und Risikoanalyse von strukturierten Finanzierungen und Alternativen Investmentfonds mit Stationen in London, New York, Tokyo und Frankfurt. 

Moritz Neuber: Assistant Project Analyst bei der SDG INVESTMENTS GmbH. Im Sommer 2021 hat er erfolgreich sein Bachelor-Studium im Bereich International Business an der Maastricht University abgeschlossen und bringt durch vorherige Tätigkeiten bereits erste praktische Erfahrung zum Thema Nachhaltigkeit mit.