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Nachhaltig. Stark. Weiblich. "Mach's trotzdem!"

„Mach’s trotzdem!“ Obwohl der Erzieher:innenmarkt in den 80er Jahren gut gesättigt war, folgte Eva Danneberg ihrem Herzen mit Unterstützung ihrer Mutter und wurde Erzieherin. Die Erfahrungen, die sie in jungen Jahren vor allem in der Jugendarbeit sammelte, prägen sie und die Unternehmensphilosophie von Werkhaus bis heute. Das Unternehmen stellt in der Lüneburger Heide Büro- und Wohnaccessoires, Regalsysteme, Möbel, Warendisplays und Werbeartikel aus Holz her. Ökonomische und soziale Nachhaltigkeit wurden dabei von Beginn an großgeschrieben. 

Nachhaltig. Stark. Weiblich. Mitgliedsunternehmen Interview
Gründerinnen Werkhaus

Eva Danneberg und Luise Gümecler von Werkhaus

Als Eva Danneberg ihren heutigen Mann Holger Danneberg in den 80er Jahren in einer Kunsthandwerker-WG kennenlernte, baute dieser gerade eine Kaleidoskop-Manufaktur auf. Während ihrer zweiten Schwangerschaft gab sie ihre damals nicht ganz ungefährliche Arbeit mit schwer erziehbaren Jugendlichen auf. Stattdessen unterstützte sie ihren Mann in Werkstatt und Vertrieb. Die bunten Röhren, die geometrische Muster zaubern, wurden zu ihrem gemeinsamen Projekt. Als die Kaleidoskop-Company 1992 Insolvenz anmelden musste, schmiedete das Paar einen Plan. Eva Danneberg würde mit den vorhandenen Ressourcen und Mitarbeitenden die Werkhaus GmbH gründen. Und zwar nicht nur auf dem Papier: „Mir war von Anfang an klar, dass ich hier nicht nur mit meinem Namen herhalten, sondern als Geschäftsführerin volle Verantwortung übernehmen würde. Das sorgte zwischen mir und meinem Mann anfangs für Reibungspunkte. Doch das wurde besser, als wir unsere Tätigkeitsbereiche klarer voneinander abgrenzten. Er ist für die Produktentwicklung, Innovationen und Produktionsabläufe zuständig, ich verantworte Finanzen, Personal, Versicherungen, Recht und Marketing.“ Gelernt hatte Eva Danneberg all dies nicht. Mach’s trotzdem, dachte sie sich wohl auch diesmal – und eignete sich neben Familie und Job das erforderliche betriebswirtschaftliche Wissen an der Berufsakademie Lüneburg an.

„Mir war von Anfang an klar, dass ich hier nicht nur mit meinem Namen herhalte“

Später stiegen auch Sohn Ruben und Tochter Luise ins Unternehmen ein. „Ich wollte schon immer was Kreatives machen. Schon während meiner Ausbildung zur Mediengestalterin bei Werkhaus habe ich nach und nach alle Bereiche kennengelernt. Später habe ich berufsbegleitend Innovations-Management studiert. Heute bin ich für Produktentwicklung, Grafik und Marketing verantwortlich“, so Luise Gümecler. Auch bei der destinature GmbH, einem touristischen Tochterunternehmen von Werkhaus, unterstützt sie bei der Konzeptentwicklung. Moment mal – Tourismus? Eva Danneberg erklärt: „Nicht weit von unserem Produktionsstandort verläuft der wunderschöne Elbradweg. Mein Mann und ich fanden es immer schade, dass es hier kaum ansprechende Übernachtungsmöglichkeiten gab. Also begannen wir, modulare Tinyhäuser zu bauen.“ 2019 eröffnete inmitten schönster Natur das erste destinature Dorf in Hitzacker, 2022 folgte ein weiteres in der Südeifel. Auch bei ihrem touristischen Angebot setzt die Familie voll auf Nachhaltigkeit – von der Bettwäsche bis zu den Speisen im Bio-Bistro. 2021 wurde ihr Konzept mit dem Deutschen Tourismuspreis ausgezeichnet.

„Profit stand für uns noch nie an erster Stelle“

In der Werkhaus GmbH mit Sitz in Bad Bodenteich arbeiten heute 120 Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensgeschichten. Eva Danneberg hat auch ihr erzieherisches Engagement in den Betrieb mit eingebracht: „Menschen mit teils schwerer körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung finden bei uns genauso einen Platz wie Geflüchtete oder schwer erziehbare Jugendliche. Niemanden aus der Gesellschaft zurückzulassen gehört zu unserem Selbstverständnis. Als gemeinwohlzertifiziertes Unternehmen stand für uns der Profit noch nie an erster Stelle. Wir gehen nicht den einfachsten Weg, sondern den, den wir mit unserem Gewissen vereinbaren können.“ Diese Haltung spiegelt sich auch in den Produkten wider. „Viele Unternehmen designen in Europa, produzieren aber billig anderswo. Das befeuert den Konsumrausch weltweit. Wir machen da nicht mit“, sagt Luise Gümecler. „Stattdessen liefern wir gutes Design aus umweltbewusster und sozialer Produktion in bester Qualität zu bezahlbaren Preisen – made in Germany.“ Unverwechselbar sind die Werkhaus-Produkte auch durch ihr urheberrechtlich geschütztes, innovatives Stecksystem. So kommen die aus zertifiziertem Holz- und Restholz bestehenden Produkte ganz ohne Kleber und Schrauben aus und können einfach ab-, auf- und umgebaut werden. Damit bietet das Unternehmen nachhaltige Lösungen für Büros, Messen, Geschäfte und Privathaushalte.

„Ich möchte Frauen ermutigen, sich mehr zuzutrauen“

Seit Corona steht Werkhaus vor wirtschaftlichen Herausforderungen. Einige Stellen wurden nicht nachbesetzt und so nach und nach Belegschaft abgebaut. Luise Gümecler sagt: „Schon vor den Krisenjahren hatten wir die Übergabe an meinen Bruder und mich vorbereitet. Aber dann wurde uns klar: da kommen wir nur gemeinsam durch.“ An den hohen öko-sozialen Standards ist hier niemand bereit, zu rütteln. Die Danneberg‘sche Trotzdem-Mentalität prägt das Unternehmen – von der Philosophie bis zum fertigen Produkt. Auch beim Thema Gleichberechtigung: „Manchmal fehlt mir als Frau der Mut, Anfragen für Podiumsdiskussionen oder Vorträge anzunehmen. Ich denke dann: wahrscheinlich habe ich dazu gar nicht viel beizutragen. Und jedes Mal, wenn ich es trotzdem mache, stelle ich fest: das sind nur alte Glaubenssätze. Ich möchte Frauen ermutigen, sich mehr zuzutrauen – und keine Angst vorm Scheitern zu haben“, sagt Eva Danneberg. Bei Werkhaus und destinature sorgen sie und ihre Tochter schon heute mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, flachen Hierarchien und Inklusion für ein Arbeitsumfeld, in dem sich alle wertgeschätzt fühlen.

 

Zur Kolumne:
Ina Hiester ist freie Journalistin mit den Schwerpunktthemen Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit. Während einer umfassenden Recherche rund um das Thema Geschlechtergerechtigkeit in der Biobranche stellte sie fest: viele Frauen sind zwar besonders empathisch und naturverbunden und engagieren sich für gesellschaftlichen Wandel. Doch auch im 21. Jahrhundert werden ihre Leistungen oft nicht genug anerkannt. In ihrer BNW-Porträt-Reihe „Nachhaltig. Stark. Weiblich.“ stellt die Journalistin deshalb Unternehmerinnen vor, die sich mit Herz und Verstand den ökologischen und sozialen Herausforderungen unserer Zeit stellen.