Direkt zum Inhalt
News

Solidarisches Geld bringt Ökolandbau voran

Berichte Nachhaltige Wirtschaftspolitik
Ob Schweine-Leasing, Privatdarlehen für den Neubau eines Bio-Schlachthofs oder Genossenschaftsanteile für mehr Öko-Anbaufläche – solidarisches Geld bringt die nachhaltige (Land-)Wirtschaft in Schwung. Wer Anton Daponts saftiges Schweinefleisch kaufen will, muss sich gedulden können. Der Biobauer, der im niederbayerischen Egglham die alte Turopolje-Schweinerasse züchtet, verkauft seinen Kunden acht Wochen alte Ferkel und mästet sie anschließend zehn Monate lang gegen ein monatliches Futtergeld. Dann erst kommen die Käufer in den Genuss von Schinken, Leberwurst, Bratwurst, Gulasch oder Koteletts in Bioqualität. Schweine-Leasing „Schweine-Leasing“ heißt das Business-Konzept, mit dem Dapont unabhängig vom Markt wirtschaftet. „Durch das Schweine-Leasing habe ich regelmäßige Einkünfte und brauche mir keine Gedanken um schwankende Fleischpreise machen“, sagt Dapont. „Es ist eine Art solidarische Landwirtschaft, unsere Kunden übernehmen Verantwortung für die Tiere, die sie essen, statt Fleisch möglichst günstig im Discounter zu kaufen.“ Ein Ferkel kostet bei Dapont 128 Euro, die Lohnmast monatlich 35 Euro. Rechnet man die Metzgerkosten mit ein, kostet ein Kilo Turopolje-Schweinefleisch im Schnitt 11,50 Euro. Dafür wissen seine Kunden genau, wie das Tier gehalten und womit es gefüttert wurde – nämlich mit Gras, gedämpften Kartoffeln und Fallobst. „Sie können ihr Schwein jederzeit besuchen, ihm beim Graben und Suhlen zuschauen und das Fleisch dann mit gutem Gewissen essen.“ Die Nachfrage nach Daponts Bio-Leasing-Schweinen ist hoch. Vor vier Jahren fing er mit nur zwei Ferkeln an, jetzt sind es 50 und auch der nächste Wurf ist schon komplett vorbestellt. Der Züchter kooperiert bereits mit einem Nachbarhof und sucht weitere Bio-Partnerhöfe, um genügend Weidefläche zu haben. Auch Aubrac-Kälber „verleast“ er mittlerweile. „Wir wollen ein regionales Netzwerk kleiner Höfe in Niederbayern aufbauen, die gemeinsam Biofleisch per Leasing vermarkten.“ Genussscheine und Privat-Kredit Wie in Egglham bringt überall in Deutschland solidarisches Geld die ökologische Landwirtschaft in Schwung. Bio-Bauern verleasen nicht nur ihre Tiere, sie geben auch Genussscheine aus, um Rinderherden aufzubauen, Käsereien zu renovieren oder Hofcafés zu eröffnen, wenn Banken ihnen dafür keinen Kredit geben. Ihre privaten Geldgeber bekommen die Zinsen in Form von Fleisch, Käse, Milch oder anderen Naturalien ausgezahlt. Im oberbayerischen Hummel hat ein anderes solidarisches Finanzierungsmodell den Neubau einer Metzgerei ermöglicht, in der Tiere von rund 50 Biobauern der Region stressfrei geschlachtet werden sollen. „Wir wollten nicht länger auf konventionelle Metzgereien angewiesen sein, bei denen die Schlachtung oft nicht nach unseren Vorstellungen verlief“, sagt Reinhard Gromotka, Vorstand der Tagwerk Genossenschaft, die Biobauern, Verbraucher, Verarbeiter und Verkäufer zusammen bringt. Um die rund drei Millionen Euro Investitionskosten aufzubringen, hat die Tagwerk Genossenschaft 120 Beteiligungspakete à 5000 Euro vergeben – bestehend aus 2400 Euro Genossenschaftsanteilen und 2600 Euro Privatdarlehen für die neue Schlachterei. So kamen 700.000 Euro zusammen, die von der Bank als Eigenkapital für einen ergänzenden Kredit angerechnet wurden. „Diese Sicherheit hätten wir sonst niemals aufbringen können.“ Rendite: 1,5 % reichen völlig Eine hohe Rendite steht den Unterstützern nicht ins Haus. Für ihr Darlehen bekommen sie rund 1,5 Prozent Zinsen, wenn man die gezahlten Genossenschaftsanteile einberechnet. Immerhin mehr, als derzeit auf einem Bankkonto. „Die Leute haben sich beteiligt, weil sie hinter unserem Projekt stehen und eine sinnvolle Anlagemöglichkeit gesucht haben“, sagt Gromotka. „Ich denke wir haben hier ein Finanzierungsmodell geschaffen, das sich auf andere Projekte übertragen lässt.“ Einen größeren Ansatz, den Ökolandbau mit Boden zu versorgen bzw. ihn mit solidarischem Geld zu unterstützen, verfolgt die BioBoden Genossenschaft. Sie wurde im April unter anderem von der sozial-ökologischen GLS Bank gegründet. Ihr Ziel ist eine Art „Landgrabbing der Guten“: Mit dem Geld möglichst vieler Mitglieder sollen Flächen für den Ökolandbau gesichert werden. Dies geschieht durch das „Herauskaufen von Land“ aus der privatwirtschaftlichen und häufig spekulativen Nutzung. 750.000 Euro für Landgrabbing der guten Sorte BioBoden will noch in diesem Jahr beginnen, die ersten Flächen aufzukaufen und für 30 Jahre an Biobauern zu verpachten, die sich deren Erwerb sonst nicht leisten könnten. Auch ganze Höfe will BioBoden kaufen und verpachten oder selbst betreiben. Jungbauern sollen dann als Betriebsleiter eingesetzt werden, erfahrene Bauern als Geschäftsführer. Seit April haben rund 170 Mitglieder 750.000 Euro eingezahlt, davon einige die Mindestsumme von 1000 Euro. BioBoden hofft auf viele weitere Überzeugungstäter, denn eine Rendite verspricht die Genossenschaft nicht. „Die Mitgliederversammlung wird darüber entscheiden, ob in Zukunft eine Dividende ausgeschüttet oder mit dem Geld zusätzliches Land gekauft wird“, sagt Sprecherin Sophia Krebber. „Wir setzen auf engagierte Menschen, die mit ihrem Geld Verantwortung für den Ökolandbau übernehmen wollen.“ Links: www.biohof-hausberg.de www.tagwerkbiometzgerei.de www.bioboden.de