Direkt zum Inhalt
News

Tina Teucher: "Unser größter Irrglaube ist, dass wir selber nichts bewegen können"

Women Speaker Foundation
Im achten Teil der insgesamt 12 Blogbeiträge über erfolgreiche und spannende Frauen in der deutschen „New Green Economy“ berichtet Tina Teucher, Speakerin, Moderatorin, Autorin und Beraterin für nachhaltiges Wirtschaften, über Verantwortungsübernahme und die Motivation zu Handeln. Sie begleitet Unternehmen und Institutionen bei den wesentlichen Fragen des Wandels und ist aktiv im Think Tank 30, dem jungen Netzwerk der Deutschen Gesellschaft Club of Rome. "Die Welt geht unter”, schreit es aus allen Kanälen. Dabei gibt es heute schon so viele geniale Ideen, Projekte und Lösungen für ein lebenswertes Morgen! Diese Ermutiger mache ich bekannt, bringe sie in Unternehmen und Organisationen, in die Köpfe und Herzen von Entscheidern.

DRAMA, BABY!

Angst kann verändern. Wie kam es sonst zur Energiewende in Deutschland? Klar, es gab Pioniere, die Erneuerbare Energien und effiziente Technologien zu ihrem Business Modell gemacht haben. Es gab Klimakonferenzen. Es gab einen schwankenden Ölpreis. Aber die wahre Wende brachte die Atomkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011. Der Schock saß tief, die deutsche Bundesregierung beschloss den Ausstieg aus der Kernenergie. Zuvor hatte die „German Angst“ beim Reaktorunglück von Tschernobyl 1986 der grünen Bewegung den Weg geebnet.

Angst, Freude oder Argumente?

Das hat mich nachdenklich gemacht. Muss es denn immer die Angst sein, die Umdenken und anderes Handeln fördert? Lassen Menschen sich nicht auch durch positive Gefühle wie Freude, Neugier und Liebe bewegen – oder sogar durch rationale Argumente? Denn Angst verändert meistens nicht, sie lähmt. Die Gesellschaft ist in der Krise, die Welt steht vor ihrem Ende – ja, wie lange wollen wir uns das denn noch anhören? Wir sind die Generation mit den meisten Möglichkeiten in der Menschheitsgeschichte – und fangen nichts damit an. Lebensziel: angepasst sein. Aber nicht an die natürlichen Bedingungen oder die großen Veränderungen, die auf uns zukommen, sondern an die Dekadenz-Gesellschaft. Durchwurschteln, solange das noch gut geht. Nach mir die Sintflut. Nur nicht von der Couch aufstehen. Hallo? Wenn ich lebe dann doch, um mich und andere zu bewegen! „Ich kann doch eh nix ändern“ – wenn ich das schon höre! Wenn das Jesus gesagt hätte. Wenn das Johanna von Orléans gesagt hätte. Wenn das Martin Luther King gesagt hätte! Am meisten verändern wird derjenige, der glaubt, am meisten verändern zu können! Viele Menschen sind einfach so sehr mit ihrer Angst vor der Zukunft beschäftigt, dass sie vergessen, sie selbst zu gestalten.

Beweg Dich und Du wirst was bewegen!

Deshalb habe ich bei mir selbst angefangen (und längst nicht aufgehört), nehme die Herausforderung „Nachhaltigkeit“ an und gebe sie weiter. Die wichtigsten Schritte dafür sind: 1. Hinterfragen, 2. Dimensionen und Zusammenhänge erkennen, 3. Pioniere kennenlernen, 4. selber loslegen. Diese Reihenfolge darf durcheinander gebracht werden!

Hinterfragen

Unser größter Irrglaube ist, dass wir selber nichts bewegen können. Was macht es schon, wenn ich mal eben von München nach Berlin fliege? Ich sag Ihnen, was es macht: Damit verursache ich 109 kg CO2-Emissionen und verbrenne 2.640 Liter fossile Treibstoffe. Wenn alle Deutschen das einmal im Jahr machen, verbrauchen wir damit so viel Rohöl wie nötig wäre, um über 600 Mio. Tupperdosen zu produzieren. Wenn wir die aneinander legen, können wir damit den Äquator fast vier Mal umrunden. Was macht es schon, wenn ich meine E-Mails oder meine Präsentation auf weißem Frischfaser-Papier ausdrucke? Ich sag Ihnen, was es macht: im Schnitt verbraucht jeder Deutsche im Jahr über 20 Fußballfelder mit Bäumen – nur dafür! Das sind 250 kg Papier pro Kopf. Wir verdrucken den Wald, durch den wir fröhlich wandern könnten, dessen gesunde Luft wir erholsam einatmen könnten. Mit jeder sechsten Packung Kopierpapier, die wir sparen, erhalten wir einen Baum. Ich rede jetzt mal nicht von Toilettenpapier und wie viel man dabei durch Recycling-Papier sparen könnte…

*** NEU: Jetzt noch neuer! ***

Funktioniert der Reflex? Weiten sich unsere Augen schon bei dem Wort „NEU“? Alle Jahre wieder reden uns Mobilfunkkonzerne ein, dass wir ein neues Telefon brauchen. So werden jährlich weltweit 1,5 Milliarden Handys verkauft. Allein in deutschen Schubladen schlummern 83 Millionen Handys ungenutzt, die Recyclingquote liegt bei läppischen 4 Prozent. Das Neue von heute ist morgen von gestern. Die Konsequenzen: Extremer Ressourcenverbrauch, Konflikte um Metalle, Umweltzerstörung, katastrophale Arbeitsbedingungen in der Produktion. Würden wir unsere Geräte doppelt so lang verwenden, wären die Auswirkungen schon mal nur halb so schlimm. Bei mir bekommt so gut wie alles ein zweites Leben: Laptop, Smartphone, Kleidung, Möbel. Ich bin so sehr vom Second Hand Gedanken überzeugt, ich habe sogar einen Organspendeausweis…

Von Pionieren, die inspirieren

Um zukunftsfähig oder „enkeltauglich“ zu handeln, brauchen wir weder das Rad jedes Mal neu zu erfinden, noch Vorbilder blind kopieren. Es hilft jedoch, sich von Pionieren inspirieren zu lassen: Funktionierende Beispiele kennenlernen, mit Vorreitern anderer Branchen kooperieren und für den eigenen Bereich: adaptieren und andersmachen. Als Sustainable Matchmaker bringe ich Organisationen, Menschen und Firmen zusammen, um gemeinsam die richtigen Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wirtschaften zu schaffen. Statt Angst, Neid und Hass verbreiten wir die „Good News“, die täglich die Welt bereichern: Moosbäume, die die Stadtluft reinigen (CityTrees), eine Lernplattform, die hunderttausenden Schülern kostenfrei die Augen für Mathe & Co. öffnet (Serlo.org), ein Insektenbekämpfer, der sich gegen das Insektensterben engagiert (Insect Respect) oder das Smartphone, das unter möglichst guten Arbeitsbedingungen hergestellt ist (Fairphone). Das sind nur einige Beispiele aus der Schatzkammer der Nachhaltigkeitsinnovationen, die ihren Beitrag zur Erreichung der 17 Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen leisten. Nachhaltige Innovationen können soziale Bedingungen verbessern oder einen ökologischen Mehrwert liefern, auf jeden Fall treten sie an, um ein grundlegendes gesellschaftliches Problem zu lösen. Sie wirken damit doppelt positiv. Denn die Begeisterung für ihren Mut und Erfolg regt in vielen Menschen ein „WOW!“ an. Und das braucht es, um zu sagen: Jetzt werde ich selber aktiv!   Lesen Sie hier den vollständigen Blogbeitrag von Tina Teucher. Die Blogserie „12 REMARKABLE WOMEN IN GREEN ECONOMY“ entstand in Zusammenarbeit mit der Women Speaker Foundation und Ecopreneur.eu.