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„Wir brauchen positive Geschichten die zeigen, es funktioniert“

Mit Thermondo ist Deutschlands größter Heizungsinstallateur Mitglied im BNW. Wieso das Unternehmen nur noch Wärmepumpen verbaut und weshalb Nachhaltigkeit niemals vollständig zu erreichen ist, berichtet René Bretschneider, der Chief People & Sustainability Officer von thermondo im Gespräch mit dem BNW.

Mitgliedsunternehmen Interview Klimaschutz im Unternehmen
René Bretschneider von Thermondo

Seit kurzem ist Deutschlands größter Heizungsinstallateur, thermondo, Mitglied im Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft. Seit Februar 2024 verkauft das Unternehmen keine fossilen Heizungssysteme mehr. Wie der radikale Umstieg gelungen ist, was Deutschland in der Debatte um die Wärmewende helfen würde und warum Nachhaltigkeit niemals vollständig zu erreichen ist, berichtet René Bretschneider, der Chief People & Sustainability Officer von thermondo im Gespräch mit dem BNW.


2013 ist thermondo mit dem Ziel angetreten, den Heizungsmarkt umzukrempeln. Elf Jahre später hat die Mischung aus Handwerksbetrieb und Start-Up bereits einmal ihr gesamtes Geschäftsmodell umgebaut. „Bis vor kurzer Zeit hätten wir wahrscheinlich gesagt, wir sind Deutschlands größter Heizungsbauer – heute sagen wir: Wir sind Deutschlands größter Verbauer von Wärmepumpen“, so Bretschneider. Der ursprüngliche Ansatz „Effizienzen zu heben“ hat 2022 einem neuen Unternehmensziel Platz gemacht. „Gemeinsam machen wir Wohnen klimaneutral“ heißt es jetzt bei thermondo. Zwanzig Monate später, im Februar 2024, ist der erste große Zwischenschritt erreicht. Die Firma verbaut kein einziges fossiles Heizungssystem mehr, nur noch Wärmepumpen. „Wir haben unser gesamtes Geschäft, mit damals 800 Mitarbeitenden, von A nach B gedreht.“ thermondo hat sein Portfolio radikal reduziert und sich fokussiert. „Es gibt 16 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser in Deutschland. Und davon sind rund zehn Millionen, knapp zwei Drittel ohne größere Sanierungsmaßnahme sofort für die Wärmepumpe nutzbar.“


Doch nur mit Zahlen lässt sich das Unternehmensziel eines dekarbonisierten Gebäudesektors nicht erreichen. Es braucht mehrere, gleichzeitige Ansätze. Auf der einen Seite stehen die Kund:innen der Wärmepumpe. „In der Breite ist die Wärmepumpe eine Lösung, die funktioniert. Aber wir haben wirklich Schwierigkeiten gehabt mit den ganzen Desinformationen. Das hat Kunden massiv verunsichert. Wenn der Markt wirklich frei für sich entscheiden würde, hätten wir vielleicht sogar schon ein stärkeres Momentum.“ Um dieses Momentum trotzdem zu stützen, bietet thermondo möglichst viel Sicherheit und Kalkulierbarkeit - mit ausführlichen Beratungen, Festpreisangeboten und der Übernahme der Fördermittelanträge.

Handwerk nachhaltig gedacht

Auf der anderen Seite geht es darum, auch genügend Handwerker:innen zu finden, die die Wärmepumpen letztlich installieren. „Gerade Handwerk hat ja so eine „can-do“-Attitüde und Problemlösungskompetenzen.“ Um diese Kompetenzen zu mobilisieren und den Fachkräftemangel nachhaltig zu adressieren, setzt thermondo auf Vielfalt: „Wir haben Mitarbeitende aus über 50 Ländern und viele, die in erster Generation nach Deutschland kommen, die weder deutsch sprechen, die keinen Job haben und wir helfen ihnen Fuß zu fassen. Das ist unser Anspruch, Menschen zu ermöglichen, in einem guten Umfeld und einer guten Firmenkultur eine Heimat zu finden und sich auch mit einem sicheren Job, einer fairen Bezahlung, weiter zu entwickeln.“


Mittlerweile wirbt das Unternehmen aktiv damit, nachhaltig zu wirtschaften. „Wir sind stolz auf unsere Transformation zu einem nachhaltigen Produktportfolio und fangen jetzt auch an, darüber zu sprechen. Und ich merke sehr, dass die Resonanz bei den Mitarbeitenden auch im Sales-Bereich und im Handwerk immer stärker greift.“ Neben der Wirkung auf die Mitarbeitenden geht es aber auch um die gesellschaftliche Resonanz und Mitwirkung des Unternehmens. „Wir brauchen positive Geschichten, die zeigen, es funktioniert. Deswegen sind wir als thermondo öfter mit dabei, wenn es darum geht, dass Unternehmen für Themen wie Nachhaltigkeit, Klimaschutz oder Demokratie einstehen.“

Momentum für die Wärmewende

Positive Geschichten fordert Bretschneider auch von der Politik. Für die erfolgreiche Umsetzung der Wärmewende braucht es aus seiner Sicht langfristige Rahmenbedingungen, stabile Strompreise und „dass man wirklich bei den Fakten bleibt. Dass man lernt, was funktioniert, was funktioniert nicht, wo kann man’s besser machen. Wegzukommen von den sehr plakativen, generalistischen Äußerungen, die uns aufhalten in der Transformation.“ Eine Versachlichung der Diskussion, die die Bundesregierung aus seiner Sicht dadurch fördern könnte, „pointiert auch mal eine Kommunikationskampagne zu schalten und ein positives Momentum zu schaffen, zu zeigen, wo die Wärmewende in der Breite funktioniert oder wo sie schon überraschend gut läuft.“


Ebenso wichtig wie Kommunikation – die Förderpolitik. Das Gebäudeenergiegesetz setzt ein wichtiges Zeichen, parallel muss es aus der Sicht Bretschneiders aber auch darum gehen, bestehende Subventionen für fossile Energieträger zu streichen. „Jetzt zu sagen: wir wollen zu etwas Neuem und wir unterstützen das, indem wir diese Förderung von einem alten, nicht mehr gewünschten Bereich in den neuen gewünschten Bereich ziehen, ist aus meiner Sicht eine sehr sinnvolle Sache. Die Transformation hat Deutschland stark gemacht in den vergangenen Jahrzehnten.“

Mehr Zukunft wagen

Die Transformation hin zu einer technischen, sozialen und politischen Nachhaltigkeit, für Bretschneider braucht sie „ein ganzes Portfolio an Maßnahmen, in ganz vielen Bereichen, die alle gemeinsam wirken. Nachhaltigkeit als eigenständiger Begriff wird schwierig, wenn er nicht ermöglicht, dass ein Land wie Deutschland sich neu erfinden, sich nachhaltig auf neue Geschäftsmodelle einstellen und diese auch erfolgreich machen kann.“ Diese Modelle zu fördern und von Ihnen zu lernen, ist einer der Gründe, warum sich thermondo für eine Mitgliedschaft im BNW entschieden hat. „Wie können wir uns gegenseitig helfen, voneinander lernen und geteilte Positionen entwickeln, die einen größeren Impact haben?“ Auch hier geht es thermondo wieder darum, gemeinsam positive Signale zu senden. „Weil noch viel Unwissen oder Fehlinformation unterwegs ist und neue Entwicklungen, wie z.B. das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz als Bürokratie dargestellt werden, während viele Unternehmen schon viel weiter sind und sagen, wir machen das, das ist wertvoll und wir glauben daran.“


Weitermachen will auch thermondo. Auf die Wärmepumpe folgt die Vision des smarten thermondo-Hauses, das Energie produziert, Verbraucher steuert, Überkapazitäten ins Netz einspeist – und so noch nachhaltiger wird. „Ich finde es wichtig, anzuerkennen, dass Nachhaltigkeit niemals erreicht wird, sondern ein Ziel ist, ein Weg, den man beschreiten muss,“ so Bretschneider abschließend. „Die Lösungen sind schon da. Es geht um den Willen der Skalierung und um die Bereitschaft, das politisch flankiert zu unterstützen.“