FAQ Wirtschaftsfaktor Naturkapital

Was ist Naturkapital?
Naturkapital sind natürliche Ressourcen, die wir zum Leben und Wirtschaften brauchen. Von Kapital sprechen wir, weil Naturkapital den Wert dieser Ressourcen messbar machen will. Atemluft, Regen und Sonnenschein sind zwar kostenlos. Smog, Hochwasser und Dürren kosten uns hingegen. Geschädigte Ökosysteme führen zu erheblichen finanziellen Belastungen – die bisher von der Allgemeinheit getragen werden. Naturkapital soll diesen Mechanismus umkehren. Wer durch Bodenversiegelung oder Monokulturen Naturkapital entnimmt, zahlt – wer Ressourcen einspart oder erneuert, gewinnt.
Wieso müssen wir über Naturkapital reden?
Aktuell arbeitet ein Großteil der Unternehmen auf Kosten der Natur. Biodiversität, Artenvielfalt und Bodenqualität gehen dadurch zurück. Das gefährdet unsere Lebensgrundlage. Der Earth Overshoot Day ist hier ein gutes Beispiel. Seit dem 1. August hat die Menschheit mehr natürliche Ressourcen verbraucht, als unser Planet in einem Jahr auf natürliche Weise produzieren kann. Diese exzessive Nutzung von Naturkapital bringt langfristig Mehrkosten mit sich. Um das sichtbar zu machen, müssen wir Naturkapital im ersten Schritt messbar machen.
Welche Chancen bietet Naturkapital?
Erst kürzlich hat die Bundesregierung mit der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie das erste Mal ein Konzept für zirkuläres Wirtschaften vorgelegt. Ein Blick in die Natur kann hilfreich sein, denn hier sind Kreisläufe seit Tag Eins angelegt. Unsere Wirtschaftsprozesse auf die Gegebenheiten, Anforderungen der Natur auszurichten kann erheblichen Mehrwert bieten. Anstatt wie bisher die Mehrkosten der Umweltzerstörung auf die Gesellschaft auszulagern, geht es darum die Resilienz von Natur und Lieferketten zu fördern, nachhaltigere Stoffkreisläufe zu entwickeln und zu erhalten, sodass wir letztlich unsere Wirtschaftsgrundlage langfristig und generationenübergreifend sichern.
Welche Schwierigkeiten stecken hinter dem Ansatz?
Die Chancen von einer Wirtschaftsweise, die auf die Natur ausgerichtet ist, liegen auf der Hand. Um diese zu nutzen, muss Naturkapital allerdings zunächst messbar gemacht werden. Dabei sind noch Fragen offen: Wie bewerten wir beispielsweise eine Waldfläche, die sowohl Rückzugsraum für Tiere, CO2-Speicher, Biodiversitätsbooster als auch Rohstofflieferant für die Bauindustrie ist? Zentral dafür sind ganzheitliche Ansätze für die Umsetzung in die Praxis. Wie gehen Unternehmen mit diesen Erkenntnissen um und integrieren sie in ihre Prozesse? Und welche Rahmenbedingungen braucht es dabei von der Politik, um die Wirtschaft in regenerative Kreisläufe zu lenken?
Wer ist davon betroffen?
Betroffen sind alle Unternehmen, die direkt und indirekt auf Natur und ihre Dienstleistungen zurückgreifen. Das umfasst rund die Hälfte der weltweiten Wirtschaft.[1] Bergbauunternehmen, die Erdölindustrie aber auch Abfüller von Leitungswasser sind offensichtliche Beispiele. Aber auch Unternehmen, die die weniger offensichtliche Ökosystemleistungen in Produkte verwandeln und verkaufen, sind von dem Thema Naturkapital betroffen.
Wo finden sich erste Ansätze bei denen Naturkapital bereits mitgedacht wird?
Erste Ansätze finden sich zum Beispiel bei der Schaffung von Ausgleichsflächen und Aufholzungen. Wer Äcker versiegelt, Baugebiete neu ausweist und Kahlschläge vornimmt, muss bereits heute an anderer Stelle (über-)kompensieren. Dennoch: längst nicht alle Branchen, die Naturkapital entnehmen, gleichen ihren Verbrauch aus. Darüber hinaus kommt der langfristige Blick oftmals zu kurz. Für zukunftsfähiges Wirtschaften muss das Ziel sein, nicht nur zu kompensieren, sondern gezielt Synergien zu schaffen, in denen Wirtschaft und Natur beidseitig profitieren.
[1] World Economic Forum (2022). The Global Risks Report 2022, 17th Edition.